Bild der Gewinnerinnen
Bericht

Latein-Olympiade 2023

05.Mai 2023

22.Februar 2023 und 1.März 2023

2. und 4. Platz beim Landesbewerb der Wiener Latein-Olympiade

Sine Cerere et Baccho friget Venus. (Terenz, Eunuchus)

Ohn Speis und Trank ist Venus krank. 

oder auch wörtlicher

Ohne Ceres und Bacchus friert Venus.

 

Unter dem Thema „Venus und Amor“ fand die diesjährige Wiener Latein-Olympiade statt.

Fünf Monate dauerte dafür für eine Gruppe von 14 Schülerinnen und Schülern aus den 7. und 8. Klassen die Vorbereitung für den schriftlichen Landesbewerb. Beim Examen traten in der Bewerbskategorie des vierjährigen Latein, auch kleines Latinum oder Kurzlatein genannt, etwa 80 Schüler:innen aus Wiener Gymnasien an, sechs davon aus dem GRG1 Stubenbastei. Vanessa Nosavich (8B) und Lilly Krameritsch (7C) konnten sich beim schriftlichen Teil (Text über die wichtigsten Protagonist:innen des kretischen Sagenkreis, Stichwort Minos und Ariadne) für das mündliche Finale der besten fünf Teilnehmer:innen am 1. März qualifizieren. In den Räumlichkeiten des Bezirksamts Währing platzierten sich Lilly Krameritsch auf dem 2. und Vanessa Nosavich auf dem 4. Endrang beim Wiener Landesbewerb. Die Aufgabe bestand aus einer mündlichen Übersetzung und Interpretation eines Gedichts vor einer Prüfungskommission. Ein mittelalterlicher Dichter klagt in den Versen bei Sonneneinbruch über die Kälte einerseits und die Liebe andererseits, die in ihm brennt und nicht nur wärmt, sondern ihn sogar mangels Hilfsmittel auszulöschen droht. Zusätzlich zur Siegesprämie wird Lilly Krameritsch von 23.-26.Mai an der Bundesolympiade in Stainach am Brenner teilnehmen. Erst dort wird ein neuer Vorbereitungskurs mit neuem Thema vor dem Bundesfinale stattfinden, wo zwar nur zwei Teilnehmer:innen pro Bundesland antreten werden, gleichzeitig aber hinsichtlich der guten Konkurrenz umso größere Genauigkeit und Feinsinnigkeit in der Übersetzung erforderlich sein wird. 

Ziel der Vorbereitungskurse für die Olympiaden ist es, mit den engagierten Schüler:innen ein möglichst großes Textpensum zu lesen, ja es steht tatsächlich das Lesen lateinischer Texte im Vordergrund. Venus und Amor gaben diesen Texten in diesem Schuljahr einen inhaltlichen Zusammenhang, während sich Textgattungen und die Stoffe, die erzählt wurden, stark voneinander unterschieden: Großteils narrativ behandelten im Textkompendium klassisch mythologische Texte Liebschaften der Olympischen: Der Sonnengot Sol, der alles sieht, verrät Venus‘ Liebschaft mit Mars bei Venus‘ stumpfsinnigem aber handwerklich sehr geschicktem Ehemann Vulcanus. Der fertigt ein Kunstwerk an, ein Netz aus feinsten Eisenketten, mit dem er Venus und Mars eine Falle stellt. Boshaft und zur Schande der beiden in flagranti ertappten Liebenden ruft er gleich alle olympischen Gött:innen herbei, die sich am Ehebruch amüsieren. Ein allzu böser Mythos, in dem es allzu menschlich zugeht und verletzte Gefühle und Eitelkeiten im Vordergrund stehen. Schöner mutet die Erzählung von Amor und Psyche an. Sie, wunderschön und angeblich noch schöner als Venus, wird von allen bewundert, aber nie geliebt und verfällt dabei in eine Depression. Selbst das Aufstehen fällt ihr schwer. Über Umwege lernt sie schließlich Amor, den Sohn der Venus, kennen, der sie zunächst nur nachts und heimlich besucht. Venus tritt dabei als eifersüchtige Schwiegermutter auf. Amor und Psyche müssen als junge Liebende lernen, mit Enttäuschungen umzugehen und sich gegenseitig zu vertrauen. Wenige Mythen bieten mehr Anknüpfungspunkte und Denkanstöße für Jugendliche, damals wie heute. 

Völlig abstrakt behandelt Platon in seinem Symposion, einem Gastmahl in Athen, das Thema Eros. Dank einer lateinischen Übersetzung des eigentlich griechischen Ausgangstexts fanden die philosophischen Ausführungen mehrerer Redner innerhalb dieses Texts einen Platz. Platon lässt den Komödiendichter Aristophanes den Mythos der Kugelmenschen erzählen, die wegen ihrer vier Arme und Beine zu stark waren und aufmüpfig wurden. Daher wurden sie von den Göttern bestraft, indem sie in zwei Hälften geteilt wurden, die ab dann, aus Sehnsucht nach Wiedervereinigung, nach einer anderen oder im Idealfall nach DER anderen Hälfte, von der sie geteilt wurden, suchten.

Humorvoll, anzüglich und in heiter fröhlicher Gesellschaft greifen die Carmina Burana im Mittelalter die Liebe auf. Latein kann damals kaum jemand, hauptsächlich ist es der Kirche und Klöstern vorbehalten, die antike Texte bis zur Renaissance in ihren Bibliotheken bewahrten. Ob sie es in mittelalterlichen Klöstern lustig hatten, man weiß es nicht. Wenn sie Besuch von jungen clerici bekamen, war es aber bestimmt unterhaltsamer: Die begannen auf den ersten Universitäten Europas zu studieren und aus finanzieller Not heraus zogen sie als Vaganten herum und trugen diese heiteren Gedichte und Gesänge vor, um sich ein Zubrot zu verdienen. Die breite Bevölkerung konnte kein Latein und bei diesen Gesellschaften damit keinen Anteil haben. 

Vor Redaktionsschluss ist das Thema der Bundesolympiade und das Abschneiden von Lilly Kramertisch dort nicht bekannt. Im nächsten Jahr wird sich der Olympiadekurs am GRG1 mit einem bekannten römischen Staatsmann auseinandersetzen. Zahlreicher, motivierter Besuch ist dort wie immer erwünscht.

Bild der Sieger
Siegerinnen
preisverleihung
Bild der Sieger
Siegerinnen
preisverleihung